Christian Fuczik, Institut für Hanfanalytik
Ein Wegweiser zu den aktuellen Cannabinoiden
Auch wenn mittlerweile über 200 Cannabinoid-Verbindungen bekannt sind, die in der Pflanzengattung Cannabis vorkommen, waren bis vor einigen Jahren für die Cannabis Community hauptsächlich Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD) von Bedeutung. Durch die kreative Produktentwicklung der Cannabis-Industrie gelangten weitere Cannabinoide ins Rampenlicht. Ende 2021 kamen in Europa die SSC (Semi-synthetische Cannabinoide) auf den Markt, und damit eine Vielzahl weiterer Substanzen und Abkürzungen, bei denen man schnell den Überblick verlieren kann. Dieser Wegweiser richtet sich an Interessierte, die professionell mit Cannabis und Cannabisprodukten bzw. deren Konsumenten zu tun haben, sich aber weder einem Studium der Chemie oder Pharmazie gewidmet haben. Er soll eine kurze Übersicht über die aktuell relevanten Cannabinoide bieten.
Diese Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es werden hier vor allem jene Cannabinoide erwähnt, die sich in unserer täglichen Arbeit im analytischen Labor und in der Diskussion mit unseren Klienten und Partnern als relevant erwiesen haben.
In der Praxis unseres Labors hat es sich gezeigt, dass eine Einteilung der Cannabinoide in Gruppen nach bestimmten Kriterien das Verständnis erheblich erleichtert. Wir kategorisieren die Cannabinoide nach ihrer Entstehung:
Ein weiteres Kapitel widmet sich dem Verhalten der verschiedenen Cannabinoide in der Produktanalyse bzw. beim Drogentest.
Artikel (368 KB) Poster A0 (6,4 MB)in der Pflanze biosynthetisiert
Die Cannabispflanze (Cannabis Sativa L.) biosynthetisiert die natürlichen Cannabinoide als Carboxylsäuren. Erst durch Energiezufuhr (Licht, Wärme, etc.) entstehen die neutralen Formen mit den gewünschten biologischen Eigenschaften. Im Folgenden wird immer die neutrale Form erwähnt, die Carboxylsäure ist situationsbedingt dann ebenso gemeint.
Die Pentylcannabinoide sind die am häufigsten vorkommenden Cannabinoide. Die Biosynthese in der Pflanze erfolgt durch Geranylpyrophosphat und Olivetolsäure. Die Alkyl-Seitenketten der Olivetoide haben 5 Kohlenstoffatome.
CBD entsteht in der Pflanze durch enzymatische Umwandlung aus Cannabigerol (CBG). Es gibt zahlreiche Studien, die CBD als Substanz zur Behandlung von Angststörungen, Schmerzen, kognitiven sowie Bewegungsstörungen, etc. zum Thema haben. Anekdotisch werden immer wieder Erfolge berichtet. An der Aufklärung des Wirkmechanismus der biologischen Effekte von CBD wird aber noch geforscht.
d9-THC entsteht in der Pflanze durch enzymatische Umwandlung aus CBG. Man nimmt an, dass es, wie viele pharmakologisch wirksame Phytochemikalien, an der evolutionären Anpassung der Pflanze gegen Insektenfraß, ultraviolettes Licht und Umweltstress beteiligt ist. Beim Konsum wird THC im Blutkreislauf aufgenommen und gelangt ins Gehirn. Dort lagert es sich an die Endocannabinoid-Rezeptoren (CB1, CB2) in der Großhirnrinde, dem Kleinhirn und den Basalganglien an. Also jenen Teilen des Gehirns, die für Denken, Gedächtnis, Vergnügen, Koordination und Bewegung zuständig sind. THC ist vom Einheitsabkommen der Vereinten Nationen über die Betäubungsmittel der Vereinten Nationen von 1961 (Österreichischer Gesetzestext: Einzige Suchtgiftkonvention 1961) umfasst. Es unterliegt also in den meisten EU Staaten im Sommer 2023 dem Suchtmittelgesetz, Betäubungsmittelgesetz bzw. dem landesüblichen Equivalent.
CBG ist nur in sehr geringen Mengen in Cannabispflanzen zu finden, da es während des Pflanzenwachstums nach der Biosynthese sofort enzymatisch in andere Cannabinoide (THC, CBD, CBC) umgewandelt wird. Durch gezielte Züchtung sind einige Sorten entstanden, die kaum die zur Umwandlung benötigten Enzyme bilden, so dass CBG bei der Ernte in diesen Pflanzen noch enthalten ist.
CBC entsteht in der Pflanze durch enzymatische Umwandlung aus CBG. Es beeinflusst womöglich die psychoaktive Wirkung von THC und wirkt entzündungshemmend, was zur Schmerzlinderung beitragen kann. Im Mausmodell haben sich Effekte bei Brustkrebs und eine antikonvulsive Wirkung gezeigt.
Propylcannabinoide sind sogenannte Homologe der o.g. Pentylcannabinoide. Ihre Alkyl-Seitenketten haben nur 3 statt 5
Kohlenstoffatome, aber ihre weitere Struktur ist identisch. Substanzen mit gleicher Struktur, aber unterschiedlicher
Alkyl-Seitenkettenlänge werden in der Chemie als Homologe bezeichnet. Man nimmt an, dass, neben anderen Eigenschaften,
die Länge der Seitenkette großen Einfluss auf die Wirkpotenz des jeweiligen Cannabinoids hat. Kürzere
Alkyl-Seitenkette - geringere Wirkung, längere Alkyl-Seitenkette - größere Wirkung. Die maximale Wirkungsfähigkeit des
jeweiligen Cannabinoids wird bei einer Alkyl-Seitenkettenlänge von 8 Kohlenstoffatomen angenommen.
Pflanzen mit erhöhten Gehalten an Propylcannabinoiden kommen vermehrt in Cannabis-Populationen aus China, Indien,
Nepal, Thailand, Afghanistan und Pakistan sowie aus dem südlichen und westlichen Afrika vor.
CBDV ist ein nicht berauschendes, leicht psychoaktives Homolog des CBD, dem antikonvulsive Eigenschaften zugeschrieben werden. GW Pharmaceuticals entwickelt an CBDV unter dem Produktkürzel GWP42006.
CBGV ist ein Homolog des CBG, bei dem keine psychoaktiven, aber schmerzstillende und entzündungshemmende Eigenschaften beobachtet wurden.
HCV ist ein Homolog des d9-THC. In Untersuchungen hat sich gezeigt, dass es eine neuroprotektive Wirkung hat, den Appetit unterdrückt, den Blutzuckerspiegel kontrolliert und im Vergleich zu THC weniger Nebenwirkungen aufweist. Die Eignung zur Behandlung von Fettleibigkeit und Diabetes wird untersucht. In Österreich ist THCV laut amtsärztlicher Auskunft im Juni 2020 als “Neue Psychotrope Substanz” kategorisiert und wird von der NPSV Anlage II umfasst.
Die hier kategorisierten Cannabinoide entstehen in der Pflanze durch natürliche Alterungsprozesse, hervorgerufen durch Sauerstoff in der Luft, Feuchtigkeit, Licht, ultraviolette Strahlung (UV-Licht) und Wärme bei der Lagerung. Natürlich können diese Alterungsprozesse auch absichtlich herbeigeführt oder beschleunigt werden, um diese Substanzen in größerer Menge herzustellen.
d8-THC entsteht durch die Umlagerung der Doppelbindung von der Position 9 in die thermodynamisch stabilere Position 8. d9-THC vs d8-THC dargestellt in der IUPAC Nummerierung. Es hat ähnliche psychoaktive Eigenschaften wie d9-THC, aber in geringerem Ausmaß. Bei der Herstellung von THC aus CBD entsteht neben d9-THC, je nach Einsatz der bei der Katalyse verwendeten Reagenzien, auch ein mehr oder weniger großer Anteil an d8-THC.
CBN entsteht durch Oxidation von THC. Je länger THC-haltige Produkte unter oxidativen Bedingungen gelagert werden, umso höher ist die Konzentration an CBN . Auch wenn CBN eine leicht psychoaktive Wirkung zeigt, ist es in Österreich und Deutschland nicht als “Neue Psychotrope Substanz” gelistet. Diese Tatsache und der Umstand, dass HHC-Produkte im Frühjahr 2023 in vielen europäischen Ländern verboten wurden, führte zu einem verstärkten Angebot an kommerziellen CBN Produkten.
CBTC ist ein nicht psychoaktives Cannabinoid, das auch in Pflanzen anderer Gattungen gefunden wurde. Da es nur selten und nur in geringen Konzentrationen natürlich gefunden wird, liegt der Verdacht nahe, dass es sich bei CBTC um ein Alterungs- bzw. Abbauprodukt handeln könnte. In einer Studie von 1984 konnte CBTC im Tierversuch den Augendruck reduzieren.
CBT ist ein Oxidationsprodukt von Tetrahydrocannabinol, das sowohl in Spuren bei Cannabispflanzen als auch als Metabolit bei Cannabiskonsumenten nachgewiesen wurde. Verlässliche und zitierfähige Quellen zur Pharmakologie von CBT sind nicht bekannt.
CBL ist ein Abbauprodukt von Cannabichromen. Über CBL gibt es mit Stand Sommer 2023 kaum belastbare wissenschaftliche Erkenntnisse
ein Verbrennungsprodukt (Pyrolysat) von CBD und findet sich deshalb im Rauch von Cannabiszigaretten. In einer
japanischen Studie von 1988 wurde es als Stoffwechselprodukt von CBD in Meerschweinchen gefunden. Wegen des geringen
wissenschaftlichen Interesses an CBD-Pyrolysaten und Meerschweinchen-Metaboliten des CBD gibt es darüber mit Stand
Sommer 2023 kaum belastbare wissenschaftliche Erkenntnisse.
CBE ist deshalb in dieser Aufstellung erwähnt, da wir im Labor immer wieder Proben erhalten, von denen der Einsender
annimmt, dass sie signifikante Mengen CBE enthalten würden. CBE zeigt bei der klassischen Analyse von Hanfprodukten
ein ähnliches chemisches Verhalten wie d9-THC. Für die korrekte Identifizierung sind deshalb erweiterte Labormethoden
wie die Cannabis Advanced Analysis notwendig. Siehe Kapitel:
Cannabinoide im chemischen Labor
– Absatz:
Analyse von Conversion Products
Als SSC wird eine Gruppe von Substanzen bezeichnet, die aus natürlichen Cannabinoiden mittels einfachen chemischen Verfahren (meist Hydrierung) konvertiert wurden. Daher werden Produkte, die SSC enthalten, als Conversion Products bezeichnet. SSC haben meist die typischen Eigenschaften von Cannabinoiden (z.B.: Psychoaktivität), waren aber bei ihrem Erscheinen auf dem europäischen Markt (2021/2022) vom Gesetz nicht geregelt. Mittlerweile unterliegen viele der psychoaktiven SSC in europäischen Staaten (Österreich, Frankreich, Polen, Finnland, etc.) gesetzlichen Vorschriften und dürfen nicht mehr gehandelt werden. Wissenschaftliche Studien über die Wirkungsmechanismen von SSC fehlen noch.
HHC ist ein psychoaktives Derivat von THC. Es wird durch Hydrierung von THC hergestellt und behält dabei die Grundstruktur von THC. Chemische Strukturen d9-THC vs HHC vs THCP Obwohl oft so dargestellt, wird es in der Cannabispflanze nicht biosynthetisiert. Jene zwei Publikationen, die HHC in sehr geringen Spuren in stark gealtertem Pflanzenmaterial gefunden haben, lassen auch eher auf einen Alterungsprozess schließen. Von rechtlicher Relevanz innerhalb der EU ist der “Technical Report: HHC and related substances” des EMCDDA 2023, in dem die Biosynthese und damit die natürliche Herkunft von HHC ausgeschlossen wird.
HHCO ist ein HHC-Derivat. Es wird angenommen, dass es, ähnlich wie THC-O, als Pro-Drug wirkt, das nach dem Konsum im Körper zu HHC hydrolysiert wird. Wissenschaftliche Studien zu HHCO fehlen noch.
HHCP ist eine sehr stark psychoaktive Substanz. Es wird angenommen, dass vor allem durch die verlängerte Alkyl-Seitenkette (7 Kohlenstoffatome statt 5 wie beim HHC) die im Vergleich zu HHC stärkere psychotrope Wirkung zustande kommt.
CBND ist ein psychoaktives Cannabinoid. In amerikanischen Forenbeiträgen wird es als einer der Nachfolger von HHC angekündigt, weshalb wir es als SSC kategorisiert haben. Chemisch gesehen wurde es erstmals 1974 in geringer Konzentration in Hanfblüten gefunden. Es wird nur in wenigen wissenschaftlichen Publikationen erwähnt. Seine Struktur entspricht einer vollständigen Aromatisierung von CBD, analog der Strukturen von CBN zu THC. Dies würde eher für ein Abbauprodukt sprechen. Abgesehen von seiner psychoaktiven Eigenschaft gibt es keine Daten zur Wirkungsweise von CBND.
CBN-O ist ein Derivat von CBN. Es wird angenommen, dass es, ähnlich wie THC-O, als Pro-Drug wirkt, die im Körper zu CBN hydrolysiert wird und dann als CBN seine Wirkung entfaltet. Wissenschaftliche Studien fehlen noch.
H4CBD wird durch katalytische Hydrierung von CBD gewonnen. Im Zuge des internationalen Preisverfalls von CBD, beginnend 2022, wurde mit H4CBD unter einem neuen Namen ein CBD-Produkt mit einem höheren Preis erzeugt und angeboten. H4CBD werden dieselben Eigenschaften wie CBD zugeschrieben, allerdings in stärkerer Ausprägung. Wissenschaftliche Studien fehlen noch.
THC-O ist der Acetat-Ester von THC. Es ist eine metabolische Pro-Drug, d.h., es wird im Körper zu THC hydrolysiert, das erst nach der Hydrolyse seine Wirkung als THC entfaltet. Die Stärke der psychoaktiven Wirkung ist abhängig davon, ob es aus d9-THC oder d8-THC synthetisiert wurde.
THCP ist ein starkes psychoaktives, synthetisches Homolog von THC. Es wird angenommen, dass, wie beim HHC, durch die verlängerte Alkyl-Seitenkette (7 Kohlenstoffatome statt 5 wie beim THC) die im Vergleich zu THC stärkere psychotrope Wirkung zustandekommt. Isomere mit der Doppelbindung in Position delta 8 und delta 9 sind wahrscheinlich.
SSC-Produkte können entweder mit Extraktionsrückständen oder synthetischen Nebenprodukten verunreinigt sein, oder auch Spuren von Schwermetallen enthalten, die aus dem für die Hydrierung verwendeten Katalysator stammen. Hier sind einige der Substanzen aufgelistet, die in den Produktionsprozessen der semi-synthetischen Cannabinoide eine Rolle spielen. Sie sind, je nach Prozess und Substanz, erwünschte Zwischenprodukte oder unerwünschte Nebenprodukte und manchmal auch noch als Verunreinigung in fertigen Erzeugnissen für Endkunden enthalten. Die größte Beachtung finden diese Nebenprodukte oft als unerwartetes Laborergebnis, sowohl bei Produkttests im Rahmen der Qualitätssicherung als auch bei Drogentests nach Konsum.
Je nach Herstellungsverfahren kann d6a10a-THC ein Zwischen- oder Nebenprodukt bei der Herstellung von HHC sein. Abhängig vom Verhältnis der beiden Enantiomere (R,S) hat d6a,10a-THC wenig bis kaum psychoaktive Wirkung.
d8-iso-THC und d4(8)-iso-THC entstehen bei der Zyklisierung von CBD zu THC.
d10-THC ist ein THC-Isomer mit ungefähr 30 bis 40 % der psychoaktiven Potenz von d9-THC. D10-THC wurde selten, und dann nur als Spurenbestandteil, in Cannabispflanzen nachgewiesen. Man könnte daher annehmen, es handelt sich bei d10-THC um ein Abbauprodukt ähnlich dem CBN. Es wird aber auch häufig als Verunreinigung in synthetischem d8-THC gefunden, das aus CBD hergestellt wurde. Aus diesem Grund haben wir d10-THC als Nebenprodukt kategorisiert. Aus anderen Blickwinkeln betrachtet kann es natürlich auch als Abbauprodukt oder SSC betrachtet werden.
d11-THC ist ein synthetisches Isomer von THC, das unter anderem als Verunreinigung bei der Herstellung von Dronabinol (d9-THC) entsteht. Es kann als SSC auf verschiedene Arten aus d8-THC synthetisiert werden. Im Versuch mit Mäusen hat d11-THC eine psychoaktive Stärke von nur ca. 25 % im Vergleich zu d9-THC gezeigt. Chemisch gesehen ist d11-THC kein “Tetrahydro”-Cannabinoid mehr, da die Doppelbindung außerhalb des namensgebenden 6er Ring, zwischen Position 9 und 11, liegt.
Vom Ring aus gesehen ist die Doppelbindung daher außen (exo) und im Ring selbst sind nur 5 Kohlenstoffatome hydriert. Man könnte die Verbindung daher als Pentahydrocannbinol bezeichnen.
SC oder Cannabinoidmimetika wurden Mitte der 2000er Jahre als Spice oder Kräutermischungen verkauft. Diese Verbindungen wirken, indem sie körpereigene, biologisch aktive Endocannabinoide nachahmen, die Nervensignale verstärken oder hemmen können. Die Stärke der Wirkung variiert von Substanz zu Substanz erheblich. Die Gefahr für schwere Vergiftungen ist im Vergleich zu THC wahrscheinlicher.
Beim Erscheinen auf dem Markt waren kaum gesetzliche Regelungen vorhanden.Neben anderen Substanzen wurden SC unter der Bezeichnung “Legal Highs” verkauft. Es bildete sich schnell ein schwungvoller Handel, ausgehend von chinesischen Produzenten. Innovativ werden einzelne chemische Funktionsgruppen variiert, um neue Substanzen mit wechselnden erwünschten (und unerwünschten) Wirkungen auf den Markt zu bringen. Die SC wurden in der Folge je nach Substanz und Land entweder als Suchtmittel/Betäubungsmittel und/oder als “Neue Psychotrope Substanzen - NPS” kategorisiert. Entsprechend wurden Gesetze erlassen, wodurch ganze Stoffgruppen und nicht nur einzelne Substanzen reguliert werden konnten. In ihrer Struktur unterscheiden sich die SC stark von den natürlichen Cannabinoiden und auch den SSC und sind bei der Analyse gut voneinander zu trennen. In Europa wurden schon mehrere Hundert SC im Markt gesehen. Labors von Sicherheitsbehörden haben eigene Task Forces zur Identifizierung von SC ins Leben gerufen. Wir listen hier lediglich 3 Vertreter der SC auf, da sich Chemie, Markt und Konsumenten dieser Substanzklasse mit den anderen vier Kategorien nur bedingt überschneiden. Chemische Strukturen von d9-THC vs JW-H018 vs MDMB-4en-PINACA
John W. Huffman hat eine Reihe, nach seinen Initialen benannte, chemische Verbindungen synthetisiert, die Wirkung am Endocannabinoid-System zeigen. JWH-018 war einer der ersten Vertreter der SC, die als “legal high” Einzug in den Markt fanden. Die Affinität zum Cannabinoidrezeptor (CB1) von JWH-018 wurde in Studien als fünfmal größer als die von THC beschrieben.
AB-PINACA ist eine Verbindung, die erstmals 2012 in Japan als Bestandteil von synthetischen Cannabisprodukten identifiziert wurde. Ursprünglich 2009 von einem Pharmaunternehmen als schmerzlinderndes Medikament entwickelt, wirkt es als potenter Agonist für den CB1-Rezeptor.
MDMB-4en PINACA ist ein synthetisches Cannabinoid, das seit 2017 in Europa im Umlauf ist und dessen Prävalenz seit Mitte 2019 deutlich zunimmt. Aufgrund seiner hohen Wirksamkeit kann es ein erhebliches Risiko für schwere Vergiftungen darstellen.
Analyse von Cannabisprodukten und Drogentests nach Konsum
Produzenten und Händler geben oft an, dass ihr neuestes SSC-Produkt “THC free” und ein Konsum beim Drogentest nicht nachweisbar wäre. Bei einem etwaigen Konsum habe man daher keine Konsequenzen zu fürchten. Dies ist aber im doppelten Sinne falsch. In der Vergangenheit haben sich die meisten SSC-Produkte als nicht “THC free” herausgestellt und Drogentests waren unerwartet positiv auf THC. Zur Erklärung muss man verstehen, dass Drogentests auf verschiedene Arten und zu unterschiedlichen Zwecken durchgeführt werden. Für eine Ergebniserwartung eines Cannabinoids bei einem Drogentest sollte man daher die Drogentest-Varianten kennen.
Forensisch toxikologische Analyse für die Begutachtung der Fahrtüchtigkeit bei Verdacht auf Beeinträchtigung
Für die Analyse und Bewertung der Konzentration von THC und seiner Stoffwechselprodukte gibt es in jedem europäischen Land eine gesetzlich geregelte Vorgehensweise. Bei den anderen psychoaktiven Cannabinoiden ist davon auszugehen, dass sie vom Labor nachgewiesen werden und als “Neue Psychotrope Substanz” in die Begutachtung durch den Sachverständigen eingehen.
Bei Drogentests aus Urin wird im ersten Schritt ein Screening mit immunologischen Tests und automatisierten Analysegeräten durchgeführt. Es gibt verschiedene Hersteller dieser immunologischen Reagenzien. Die Reaktivität des entsprechenden Produkts mit den jeweiligen Cannabinoiden variiert geringfügig. THC und seine Stoffwechselprodukte werden immer erfasst. Bei den anderen Cannabinoiden ist dies abhängig vom Hersteller.
Grundsätzlich sollte man damit rechnen, dass alle Substanzen mit einer THC-artigen Struktur (die hier aufgeführten Substanzen mit dem Muster: dX-THC sowie HHC) eine positive Reaktion im THC-Test aufweisen können.
Je nach Fragestellung und Anamnese werden in einem zweiten Schritt positive Ergebnisse mit einer weiteren Methode bestätigt. Werden bei der Analyse mit der zweiten Methode keine Hinweise auf d9-THC bzw. seine Stoffwechselprodukte, jedoch z.B. d10-THC oder HHC gefunden, ist es eine Frage der jeweiligen Institution, ob eine Auflage verletzt oder der Nachweis der Abstinenz nicht erbracht wurde.
In mehreren Studien und zahllosen Selbstversuchen hat sich gezeigt, dass CBD und CBG mit immunologischen THC Tests nicht erfasst werden. Man sollte aber bedenken, dass viele CBD Produkte, vor allem jene, die als “Vollspektrum” oder “Breitspektrum” ausgelobt werden, auch THC enthalten können. Der THC-Gehalt in diesen Produkten ist zu gering, um einen Rausch hervorzurufen, kann aber zu einem positiven THC-Test führen.
Die synthetischen Cannabinoide (SC) werden (zum Teil) mit eigenen Tests erfasst und scheinen bei THC Tests nicht auf.
Da sehr viele Hersteller von Streifentests ganz unterschiedlicher Qualität am Markt vertreten sind, kann keine Aussage über die Ergebniserwartung von SSC bei Streifentests getroffen werden.
Mit den Conversion Products hat sich die Anzahl der möglichen Cannabinoide in Hanfprodukten mehr als verdoppelt. Die übliche Bestimmung von 8 bis 12 Phytocannabinoiden bzw. deren Abbausubstanzen reicht nicht mehr aus, um Produktproben ausreichend zu charakterisieren. Um Anwesenheit oder Abwesenheit der im Markt befindlichen SSC in einer Probe hinlänglich zu dokumentieren, ist es notwendig, zusätzliche Methoden anzuwenden. Neben der immer schon genutzten HPLC-DAD Methode müssen Conversion Products mit massenspektrometrischen Methoden (GC/MS oder LC/MS) untersucht werden. Wir haben bei uns im Labor die Cannabis Advanced Analysis entwickelt, die die Vorteile der genannten Methoden vereint, um alle auftretenden Cannabinoide korrekt zu identifizieren und belastbare Aussagen über Legalität und Qualität eines Conversion Products zu treffen.
Christian Fuczik ist Absolvent der HBLVA Rosensteingasse Wien, Abschlussjahrgang 1987, Fachbereich: Technische Chemie. Seit 1989 beschäftigt er sich in verschiedenen Positionen mit der chemischen Analyse von psychotropen Substanzen. Er ist Gründer und Inhaber von Drogentest Wien und des Instituts für Hanfanalytik , in dem über 1.000 Unternehmen aus ganz Europa ihre Cannabisprodukte auf Qualität und Legalität prüfen lassen.